Korneuburger Integrationsgespräche

„Schule sollte gegenseitige Wertschätzung fördern“

Rund 50 BesucherInnen verfolgten den zweiten Themenabend der Korneuburger Integrationsgespräche 2015 am 29. April im Sitzungssaal des Rathauses. Die angeregten Diskussionen des interessierten Publikums mit den geladenen ExpertInnen und lokalen Stakeholdern an runden Tischen am insgesamt achten Diskussionsabend in Korneuburg zeigte erneut die Brisanz der Themen Bildung, Schule und soziale Segregation in Österreich auf.

Sprache als Schlüssel zur Integration?
Wie schon beim ersten Abend am 15. April stand das Thema fehlende Deutschkenntnisse und Mehrsprachigkeit an Schulen auch hier wieder zur Debatte. „Die Schule ist schon längst mehrsprachig, aber tut noch immer so, als wäre sie einsprachig“, konstatierte Elfie Fleck vom Referat für Migration und Schule des Bundesministeriums für Bildung und Frauen in ihrem Eröffnungsstatement. „Man sagt oft, Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Tatsache ist aber, dass man auch ohne Kenntnis der Landessprache integriert sein und umgekehrt auch mit diesen Sprachkenntnissen an den Rand der Gesellschaft gedrängt sein kann.“ Wird in Österreich von Sprachkompetenz gesprochen, ist dabei zumeist Deutsch gemeint, die vielen anderen Erstsprachen bzw. die grundlegende menschliche Fähigkeit Sprache zu verwenden, wird ausgeklammert. Dabei sollte es nicht um ein „Entweder-oder“, sondern um ein „Sowohl-als auch“ gehen.
Daniel Landau von der Initiative jedesK!ND kritisierte, dass Schule einen sehr sprachorientierten Zugang zu Bildung habe, alle Fächer seien stark über Sprachkompetenz definiert, aber nicht alle Kinder haben die gleichen sprachlichen Voraussetzungen. „Daraus resultiert eine starke Benachteiligung“, so Landau. „In den Schulen sollten wir die Talente möglichst breit fördern. Das können wir tun, indem wir sogenannte Felder und nicht Fächer anbieten. Bewegung, Sport, soziale Kompetenz sowie kreative Fächer verdienen mehr Aufmerksamkeit.“

Herkunftselite versus Leistungselite
Die ehemalige AHS- Direktorin und Autorin Heidi Schrodt sowie August Gächter vom Zentrum für soziale Innovation fokussierten auf strukturelle Benachteiligungen im österreichischen Bildungswesen. Dabei bestimmt die Herkunft immer noch größtenteils die beruflichen Laufbahnen. „Migrationshintergrund per se spielt keine ausschlaggebende Rolle für die Zukunftsprognose. Sozial und ökonomisch schwacher Familienhintergrund, schwacher Bildungshintergrund sowie eine andere Muttersprache als Deutsch sind Faktoren, die eine wesentliche Rolle spielen. Wenn diese Faktoren zusammenkommen, hat das Kind schlechtere Chancen im Leben“, resümiert Schrodt. In Österreich gebe es eine starke Herkunftselite, die nach wie vor eine große Rolle spielt, während das Bildungssystem wenig dazu beitrage, die sogenannte „Leistungselite“ zu fördern.
Demgegenüber stellt Gächter aber auch gegenläufige Trends fest: „Kinder, deren Eltern aus der Türkei zugezogen sind, sind im Verhältnis zu Ihrem sozialen Hintergrund überdurchschnittlich häufig in einer AHS oder BHS anzutreffen.“ Trotzdem sind Kinder aus einem sozial schwachen Milieu, Kinder ungelernter Arbeiter oder Kinder mit Migrationshintergrund kaum in Gymnasien anzutreffen. Die soziale Durchlässigkeit nehme zwar langsam zu, dennoch sollten wir uns die Frage stellen, „warum im österreichischen Bildungswesen der soziale Hintergrund der Eltern so enorm wichtig ist,“ appellierte Gächter an die Anwesenden.

Die nächste Veranstaltung der ZusammenReden-Reihe findet in Klosterneuburg statt: Am 8. Mai um 18.30 Uhr zum Thema „Vielfalt und Zusammenleben“ im Großen Sitzungssaal des Rathauses, Rathausplatz 26, 3400 Klosterneuburg.

Alle Termine zu den Veranstaltungen und nähere Informationen zum Projekt finden Sie unter www.zusammenreden.net


„ZusammenReden“ ist ein Projekt der Caritas Wien (Missing Link); es wird gefördert vom Land Niederösterreich, dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, dem Bundesministerium für Bildung und Frauen sowie den Gemeinden Korneuburg, St. Andrä-Wördern, Neunkirchen und Wiener Neustadt.