Podiumsdiskussion "Vielfalt und Zusammenleben"

„Nicht nur über Unterschiede, sondern auch über Gemeinsamkeiten sprechen“

Im Sitzungssaal des Rathauses in Klosterneuburg fanden sich am 8. Mai rund 45 engagierte Personen ein, um über das Thema „Vielfalt und Zusammenleben“ gemeinsam mit BürgerInnen, Flüchtlingen sowie Gemeinde- und LandesvertreterInnen zu diskutieren. Die Veranstaltung wurde als Kooperation zwischen den Caritas-Projekten „Kompa“ und „ZusammenReden“ mit Unterstützung durch die Stadtgemeinde Klosterneuburg und die BürgerInnenplattform „Klosterneuburg hilft“ organisiert.

Über Diversität in verschiedenen Lebensbereichen, Willkommenskulturen und die Frage, wie ein gutes Zusammenleben zwischen BürgerInnen und Flüchtlingen erreicht werden können, sowie über die Rolle der Medien diskutierten Sabine Gösker (BürgerInneninitiative Klosterneuburg hilft), Norbert Pauser (Berater und Trainer für Diversity & Inclusion), Clara Akinyosoye (Journalistin, ORF und M-Media) und Hanspeter Beier (Amt der NÖ Landesregierung – im Ruhestand).

Gemeinsamkeit ist der Rahmen
Wenn wir über Vielfalt und Zusammenleben sprechen, ist Inklusion ein wichtiges Stichwort. „Inklusion meint die Rahmenbedingungen, die wir schaffen sollten, damit alle so sein können, wie sie sind oder sein wollen. Und das betrifft wirklich jeden und jede von uns, nicht nur marginalisierte Gruppen“, so Norbert Pauser. „Wir sollten versuchen, von einer individuell-defizitären Sicht in der Integrationsarbeit wegzukommen, und uns die Frage stellen, wie wir ein gesamtgesellschaftliches Gefüge schaffen können, in dem alle Menschen ihren Platz finden. Das Ziel ist in diesem Sinne, nicht nur über Unterschiede, sondern auch über Gemeinsamkeiten zu sprechen.“
Diese Gemeinsamkeiten entdecken und Willkommenskultur leben setzt die BürgerInnenplattform „Klosterneuburg hilft“ seit einigen Monaten in die Praxis um. Gründerin Sabine Gösker schilderte die Beweggründe für ihre Initiative: „Ich war selbst jahrelang Ausländerin in Asien und die hiesige teilweise Ablehnung von Flüchtlingen machte mich wütend.“ Die wichtigste Basis für das Schaffen einer inklusiven Kultur in den Gemeinden erkennt sie in kleinen Schritten: „Gemeinsamkeit ist der Rahmen. Wir Menschen haben viele ähnliche Bedürfnisse – wir kochen, wir machen Sport; all diese alltäglichen Aktivitäten kann man gut und einfach miteinander machen, genau das fördert ein gutes Zusammenleben.“

Miteinander statt übereinander reden
Oftmals rührt eine ablehnende Haltung Flüchtlingen oder MigrantInnen gegenüber von der negativen bzw. einseitigen Berichterstattung in den Medien. „Bei keinem anderen Thema kommen die Betroffenen so wenig zu Wort wie beim Thema Flucht“, stellt Clara Akinyosoye, Journalistin im Bereich kritische Medienbeobachtung, fest. „Man spricht oft von einem Ansturm auf Europa, von Asylmissbrauch, und die Flüchtlinge werden auch häufig in Verbindung mit Kriminalität gebracht. Viele Medien unternehmen oft zu wenig Anstrengungen, um die Hintergründe der Flucht zu beleuchten“, so Akinyosoye. Gerade in kleinen Gemeinden haben aber lokale Medien das Potential,  die wahren Fluchtgeschichten und Schicksale abzubilden, da der Kontakt direkter ist. Dazu abschließend Hanspeter Beier vom Amt der NÖ Landesregierung: „Um sich als Teil eines größeren Ganzen zu verstehen, ist es unbedingt notwendig, miteinander statt übereinander zu reden. Deshalb unterstützen wir vom Land Niederösterreich seit Jahren das Projekt „ZusammenReden“, denn genau darum geht es.“

Klosterneuburg zeigt, wie es gehen könnte
Bei der angeregten Publikumsdiskussion ging es vorrangig um die Flüchtlinge in der Magdeburgkaserne und die potentielle weitere Zwischennutzung der Kaserne als Flüchtlingsquartier, was die anwesenden BürgerInnen sehr befürworten würden. Auch die Flüchtlinge selbst meldeten sich zu Wort: „Ich hatte ein gutes Leben in meiner Heimat und einen guten Job. Ich bin Journalist, mein Sitznachbar hier ist Anwalt, wir können auch etwas beitragen in Österreich, wenn man uns lässt. Wir sind sehr dankbar für die gute Aufnahme hier in Klosterneuburg“, so ein junger Mann aus dem Irak, der vor dem IS flüchten musste. Eines der angesprochenen Probleme ist die drohende Abschiebung nach Ungarn aufgrund des Dublin-Abkommens. „Schicken Sie mir eine Liste der Betroffenen, ich werde versuchen, mich in der Sache einzusetzen“, versprach Vizebürgermeister Richard Raz. Doris Schulz, zuständig für Flüchtlingsagenden im Land NÖ konnte ebenso zahlreiche Fragen der BürgerInnen zum Asylwesen klären.


„ZusammenReden“ und „Kompa“ sind Projekte der Caritas Wien (Missing Link). „Kompa“ wird vom Bundesministerium für Inneres und Speiser Labors gefördert sowie durch Spenden unterstützt.  „ZusammenReden“ wird gefördert vom Land Niederösterreich, dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, dem Bundesministerium für Bildung und Frauen sowie den Gemeinden Korneuburg, St. Andrä-Wördern, Neunkirchen und Wiener Neustadt.

Der nächste Diskussionsabend der „ZusammenReden“- Reihe findet in St. Andrä-Wördern zum Thema „Partizipation und Zusammenleben“ am 18. Juni um 19.00 Uhr im „ÖJAB-Haus“, Hauptstraße 2 in Greifenstein statt.

Alle Details und die weitere Termine zu den geplanten Veranstaltungen finden Sie unter: http://www.zusammenreden.net/