"Im Koran geht es auch um Integration"

Bild v.l.: Maynat Kurbanova, Pelin Özmen, Marco Anger, Salem Hassan, Mary Kreutzer, Maximilian Titz, Thomas Schmidinger, Karima Aziz, Alfred Stachelberger.


Bei den Integrationsgesprächen der Caritas Wien und der Marktgemeinde St. Andrä-Wördern wurde dieses Mal der Islam thematisch beleuchtet. Mehr als 50 Gäste erörterten mit den PodiumsreferentInnen Maynat Kurbanova, Thomas Schmidinger, Salem Hassan und Marco Anger unter der Moderation von Karima Aziz sowohl historische und theologische als auch alltägliche Aspekte der islamischen Glaubenslehre. Die gut besuchte Veranstaltung verdeutlichte, dass in der Gemeinde hohes Interesse am Thema besteht. Die Integrationsgespräche wurden zusätzlich durch die Anwesenheit von zahlreichen BewohnerInnen der lokalen Flüchtlingsunterkünfte bereichert.

Islams Sonderrolle in Österreich
Zu Beginn der Informationsveranstaltung gab Politikwissenschafter und Nahostexperte Thomas Schmidinger einen kurzen historischen Abriss über den Islam in Österreich. Der Islam nehme in Österreich eine Sonderrolle in Mitteleuropa ein, da die islamische Glaubensgemeinschaft durch die Annexion von Bosnien durch die Habsburgermonarchie seit 1912 als Religionsgesellschaft anerkannt ist: „Das bedeutet, dass der Islam den anderen Religionen in Österreich wie z.B. dem Katholizismus oder der Israelitischen Kultusgemeinde rechtlich gleichgestellt ist“, so Schmidinger. Insbesondere seit der Zuwanderung durch türkeistämmige „Gastarbeiter“ ab den 1960er Jahren sei die islamische Community in Österreich sehr divers. In den Medien würde meist aber nur über „auffällige Fälle von MuslimInnen“ berichtet. Die Journalistin und Autorin Maynat Kurbanova, die auch islamische Religionspädagogik studiert hat, bestätigte diese Aussage über die Diversität des Islams: „Wir haben alle schon einmal den Satz ‚Den Islam gibt es nicht‘ gehört.“ Nichtsdestotrotz gebe es bestimmte Kernpunkte, auf die sich MuslimInnen beziehen würden, so etwa „die fünf Säulen sowie die sechs Grundsätze des Islams.“

Wissen über Islam vermitteln
Um genauer auf die Vielfalt im Islam einzugehen, informierte Salem Hassan, Vertreter der Irakisch-Schiitischen Glaubensgemeinde, über die schiitische Minderheit innerhalb der islamischen Welt. „Die SchiitInnen stellen ca. 10-15 Prozent der MuslimInnen insgesamt dar.“ Im Sinne der Veranstaltungsreihe erklärte Hassan, dass es im Koran auch um Integration gehe. Es sei wichtig, Wissen über den Islam und MuslimInnen weiterzugeben, da sehr viel Falsch- und Unwissen bestehe. Schmidinger untermauerte diese Aussage mit einer Anekdote: Während den Ashura-Feierlichkeiten in Wien, dem wichtigsten schiitischen Trauertag, riefen zwei Journalisten den Nahostexperten an, um sich über die schwarzgekleideten und bedrohlich wirkenden vermeintlichen „Jihadisten“ in der Wiener Innenstadt zu informieren. „Es fehlt einfach an Fakten und Wissen“, hieß es als Reaktion aus dem Publikum.

Glaube gibt den Menschen Halt
Marco Anger, Leiter des Flüchtlingsheimes Dammstraße Wördern, berichtete über den Alltag der muslimischen Geflüchteten vor Ort und erklärte, dass der Glaube und vor allem das Beten den AsylwerberInnen in einer unsicheren Lebenssituation Halt und Sicherheit gebe. „Außerdem erklärten mir die Geflüchteten, dass das Beten wichtig für ihre Seele und Emotionen ist und ihnen beim Stress abbauen hilft“, so Anger.

Da viel Gesprächsbedarf bestand, wurde der Austausch über den Islam am Ende des Abends beim Buffet weitergeführt.

"ZusammenReden" ist ein Projekt der Caritas Wien. Es wird vom Land NÖ gefördert und in Kooperation mit den Gemeinden Korneuburg, St. Andrä-Wördern, Neunkirchen und Ebreichsdorf durchgeführt.