Geschäftsführender Direktor Klaus Schwertner

Caritas zur Mindestsicherung: Wien setzt Standards für eine Versachlichung der Debatte.

Erfreut über den Rückgang der MindestsicherungsbezieherInnen in Wien und über die erstmalige Präsentation einer umfangreichen Jahresstatistik zur Wiener Mindestsicherung zeigt sich der Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, Klaus Schwertner. „Dieser Bericht macht deutlich: Die Mindestsicherung ist unverzichtbarer Bestandteil unseres Sozialsystems, den wir nicht aufs Spiel setzen dürfen. Mit diesem Bericht setzt Wien darüber hinaus Standards für das Berichtswesen der Bundesländer in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung“, so Schwertner. Und weiter: „Wir hoffen sehr, dass dieser Bericht dort Versachlichung bringt, wo sonst zu allererst polemisch und auf dem Rücken von armutsbetroffenen Menschen diskutiert wird. Denn für die Menschen, die auf dieses unterste Netz der sozialen Sicherheit angewiesen sind, geht es um sehr viel.“ 

18.000 Kinder im Kindergartenalter auf BMS angewiesen

Mit Verweis auf die aktuellen Daten betont Schwertner weiter: „Wer daran denkt, die Leistungen der Mindestsicherung zu kürzen, um Arbeitsanreize zu erhöhen, trifft mehrheitlich die Falschen. Mehr noch: Wer die Mindestsicherung kürzt, spart bei Kindern, bei Kranken und bei Menschen, die zum Leben zu wenig verdienen. Die Mindestsicherung darf kein Armutsbeschleuniger werden.“ Denn aus dem heute vorgelegten Bericht geht eindeutig hervor, dass mehr als 85.000 der im Jahresdurchschnitt 2017 insgesamt 150.150 BezieherInnen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen konnten, weil sie zu jung, zu alt oder zu krank waren, in Ausbildung standen (Lehre, weiterführende Schule), Betreuungspflichten gegenüber Kleinkindern hatten oder pflegebedürftige Angehörige betreuten. Weitere 10.500 Personen hatten ein Erwerbseinkommen. „Besonders dramatisch ist die Tatsache, dass auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, hoch ist.“ In Wien waren im Jahresdurchschnitt 2017 18.000 BezieherInnen von Mindestsicherung Kinder im Kindergarten-Alter, weitere 25.000 Kinder im Pflichtschulalter, das sind fast 30% aller BezieherInnen. Mehr als 12.000 BezieherInnen waren erwerbsunfähig, ebenso viele im Regelpensionsalter. 

Arbeitslosigkeit und Armut bekämpfen, nicht die Armutsbetroffenen

Der Bericht macht auch sehr deutlich, dass das Angewiesensein auf Leistungen der Mindestsicherung ein komplexes Phänomen ist, das von den Bundesländern nur bedingt gesteuert werden kann. Die Entwicklung der Situation am Arbeitsmarkt ist dabei besonders entscheidend. Schwertner: „Wer die Zahl der MindestsicherungsbezieherInnen senken will, darf nicht bei Integration und nicht beim AMS sparen. Wer die Zahl der MindestsicherungsbezieherInnen senken will, muss die Arbeitslosigkeit bekämpfen, in Bildung investieren und leistbaren Wohnraum sicherstellen. Wir müssen die Armut bekämpfen und nicht die Armutsbetroffenen!“ Die Daten machen deutlich: Wo Menschen mittel- bis längerfristig erwerbslos bleiben oder nur Erwerbseinkommen erzielen können, die nicht ausreichen, um ihre Familien über Wasser zu halten, führt an der Mindestsicherung kein Weg vorbei. Vorhaben der Bundespolitik, wie die in Aussicht gestellte Neuordnung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung müssen deshalb unmittelbar auf die Mindestsicherung durchschlagen.