Caritas, WIFO und arbeit plus fordern: „Arbeit, von der die Menschen wieder leben können!“

Wien – „Das nach wie vor zu hohe Niveau an Arbeitslosigkeit bleibt wirtschaftlich und sozial inakzeptabel.“ Zu dieser Einschätzung gelangt WIFO-Leiter Christoph Badelt bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Gemeinsam mit Caritas Präsident Michael Landau und arbeit plus Geschäftsführerin Judith Pühringer präsentierte Badelt auf der 11. Jobmeile der Caritas ein Maßnahmen- und Forderungspaket zur Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit in Österreich. Zwar hat sich die Lage am Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren entspannt, doch ein wirtschaftlicher Abschwung und ein Wiederanstieg der Arbeitslosenzahlen werden bereits für das nächste Jahr erwartet. Das WIFO prognostiziert eine Arbeitslosenrate von 7,3 Prozent. Landau, Pühringer und Badelt fordern deshalb: „Die Bundesregierung sollte für schwierigere Zeiten schon heute eine aktivere Arbeitsmarktpolitik vorbereiten und dafür budgetäre Vorsorgemaßnahmen treffen.“

Nein zur Abschaffung der Notstandshilfe und Schaffung eines Hartz-IV-Modells

Für Caritas Präsident Michael Landau steht fest: „Die Erfahrung aus unserer täglichen Arbeit macht uns sicher: Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit muss das erste und oberste Ziel sein, dem sich die Bundesregierung verschreibt! Und dafür benötigen wir eine Politik an der Seite der Schwächsten und keine, die die Not von Menschen vergrößert“, so Landau, der mit Blick auf die jüngst beschlossenen Kürzungen im Bereich der Mindestsicherung etwa für Familien mit mehreren Kindern auch klar vor einer etwaigen Abschaffung der Notstandshilfe warnt: „Nach der Mindestsicherung darf nicht auch die Notstandshilfe abgeschafft oder leichtfertig in ein Arbeitslosengeld Neu integriert werden! Die Abschaffung der Mindestsicherung droht die Not von Familien in Österreich zu vergrößern. Ein Ende der Notstandshilfe ohne entsprechende Alternative würde mehr Armut, weniger Zukunftschancen und einen wachsenden Niedriglohnsektor zur Folge haben. Das kann kein Ziel sein.“ Und auch Judith Pühringer ist mit Blick auf die kommenden Jahre überzeugt: „Wir stehen heute an einer Weggabelung in der österreichischen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Es gilt zu entscheiden: Gehen wir den eingeschlagenen Weg der Kürzungen und Sanktionen weiter und verstärken somit die Hoffnungslosigkeit und Existenzängste Arbeitssuchender? Oder wählen wir einen Weg der ausreichend finanzierten Arbeitsmarktpolitik, den auch benachteiligte Menschen mitgehen und auf dem sie neue Perspektiven entwickeln können.“

„Arm trotz Arbeit“: Klare Senkung der Lohnnebenkosten für Geringverdiener gefordert

Angesichts der angekündigten Steuer- und Abgabenreform forderten WIFO, Caritas und arbeit plus eine massive Verbesserungen für Menschen mit geringen Einkommen. Landau: „316.000 Menschen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben. Sie sind arm trotz Arbeit und zählen zu den sogenannten working poor. In Scheinselbstständigkeit entlassen. Auf Teilzeitjobs angewiesen. Oder vom Kollektivvertrag nicht mehr erfasst. Ich bin überzeugt, dass in Österreich nicht nur Börsengewinne und Vermögen steigen dürfen, sondern dass das auch für die Erwerbseinkommen der Menschen gelten muss – vor allem dann, wenn es um Menschen geht, die sehr wenig verdienen. Wir würden uns daher eine deutliche Entlastung für Geringverdiener im Bereich der Lohnnebenkosten wünschen. Hier wird viel von den Einzelheiten abhängen, die die Bundesregierung plant.“ Und auch für WIFO-Leiter Badelt steht fest:  Mit den kolportierten Steuerreformplänen hat die Bundesregierung eine positive Grundrichtung eingeschlagen. Die geplante Entlastung der Geringverdiener ist richtig und sinnvoll. Nach allem, was bisher von der Steuerreform bekannt ist, fallen die notwendigen Systemänderungen allerdings zu zaghaft aus. Vor allem der Faktor Arbeit gehört noch stärker entlastet. Dies bedingt aber weitaus höhere Gegenfinanzierungsmaßnahmen, wie etwa die Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht“, so Badelt.

Mehr Mittel für das AMS: Auf die Kürzung sollte wieder eine Aufstockung folgen

Angesichts des mittelfristigen Wiederanstiegs der Arbeitslosigkeit forderten Landau, Badelt und Pühringer am Dienstag auch eine Stärkung des AMS. Landau: „Die Bundesregierung hat die Mittel für das AMS von 2018 auf 2019 reduziert. Ab 2020 sollten nun wieder mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen!“ Und auch Badelt spricht von notwendigen „budgetären Vorsorgemaßnahmen“. Badelt betonte die Dringlichkeit von speziellen arbeitsmarktintegrativen Angeboten für jene Gruppen, die besonders von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Vor allem ältere Menschen sollten am Arbeitsmarkt mit Arbeitsplätzen integriert werden, die ihren spezifischen Fähigkeiten entsprechen. Aus der mehr als 30 jährigen Erfahrung von arbeit plus weiß Pühringer: „Menschen möchten arbeiten! – Aber nicht alles schaffen es ohne Unterstützung und zu den Bedingungen am regulären Arbeitsmarkt.“ Und Badelt: „Sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte können einen nachhaltigen Beitrag leisten, wenn es darum geht, Menschen wieder an ein geregeltes Arbeitsleben heranzuführen.“ Im Einzelnen schlägt Badelt auch eine Evaluation solcher Maßnahmen vor, um besonders leistungsfähige Instrumente gezielt ausbauen zu können. Und gerade im Blick auf die Neugestaltung der Sozialhilfe sei es wichtig, auch „ausreichend und flächendeckend Sprachkurse anzubieten“ und so zu organisieren, dass Menschen rasch und unter vernünftigen Lebensbedingungen auch tatsächlich die notwendige Sprachkompetenz erwerben können, so Landau ergänzend.

Caritas im Einsatz für arbeitslose Menschen

Allein im Jahr 2018 konnte die Caritas 1.492 Arbeitsplätze für langzeitbeschäftigungslose Menschen in 106 Projekten in ganz Österreich anbieten. Die Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt lag bei bis zu 62 Prozent. Es sind Beschäftigungsprojekte wie hier im carla oder das Projekt „ArbeitsRaum“ am Brunnenmarkt. Es ist das Restaurant Inigo und es sind die Spar-Märkte in Favoriten und in Ebenfurth, in denen langzeitarbeitslose Menschen eine Chance bekommen. Projekte, die helfen, Perspektiven zu schaffen.