Geschäftsführender Direktor Klaus Schwertner

Caritas: Niemand stellt sich freiwillig auf die Straße für einen Teller Suppe oder zum Betteln!

Schwertner bittet WienerInnen, „lieber einmal zu oft als einmal zu wenig beim Kältetelefon anzurufen“ und warnt vor Bettler-Debatte: „Armut bekämpfen, nicht Armutsbetroffene“

Mit den sinkenden Temperaturen und dem ersten Schneefall in Wien steigt die Zahl der Anrufe beim Caritas Kältetelefon (01/4804553). „Die Leitungen des Caritas Kältetelefons sind seit Anfang November 24 Stunden am Tag offen“, sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Erzdiözese Wien, am Montag. „Uns erreichen derzeit knapp 30 Hinweise täglich. Diese Hinweise können bei Minusgraden Leben retten, weil sie den StreetworkerInnen der Caritas dabei helfen, obdachlose Menschen zeitnah aufzusuchen, in Notquartiere zu bringen und mit winterfesten Schlafsäcken auszustatten.“ Angesichts der sinkenden Temperaturen bittet Schwertner die WienerInnen, „lieber einmal zu oft als einmal zu wenig anzurufen. Klar ist auch: In medizinischen Notfällen muss auch weiterhin die Nummer der Rettung 144 gewählt werden.“

 

Caritas warnt vor aufkeimender Bettler-Debatte in der Bundeshauptstadt

Kritisch äußerte sich Schwertner zu Meldungen im Vorfeld des 1. Advent, wonach die Stadt Wien künftig verstärkt gegen bettelnde Menschen in der Bundeshauptstadt vorgehen will. „Klar ist: Betteln verstört, Betteln fordert heraus, Betteln bewegt. Klar ist aber auch: Betteln ist die sichtbarste Form der Armut und niemand stellt sich freiwillig für einen Teller Suppe oder zum Betteln auf die Straße. Diese Menschen in Not einmal mehr zu kriminalisieren wäre ein Schritt in die falsche Richtung – gerade in einer Stadt, die sich im Winter gemeinsam mit zahlreichen Hilfsorganisationen seit einigen Jahren vorbildlich gegen akute Obdachlosigkeit einsetzt.“ Schwertner verweist darauf, dass in praktisch allen Bundesländern in den vergangenen Jahren Landesgesetze verschärft, sektorale Bettelverbote erlassen und polizeiliche Schwerpunktaktionen durchgeführt wurden. Landesregierungen erklärten gewerbliches, aggressives und auch organisiertes Betteln zur Straftat. Der Blickkontakt unter bettelnden Menschen gilt seither vielerorts bereits als Indiz für „organisierte Bettelei“. Mit den Händen gen Himmel gestreckt zu betteln, kann ebenfalls geahndet werden, da es angesichts schwammig formulierter Landesgesetze als „aggressives Betteln“ ausgelegt werden könnte. Und wer immer wieder am selben Ort bettelt, läuft Gefahr, wegen „gewerblicher Bettelei“ angezeigt zu werden. Schwertner: „Diese Gesetze bekämpfen nicht die Armut, sondern armutsbetroffene Menschen. Bettelverbote ändern nichts an der Not der Menschen. Im Gegenteil: Durch eine Kriminalisierung wird die Notsituation aufgrund hoher Verwaltungsstrafen weiter verschärft.“ Um bettelnden Menschen effektiv zu helfen, brauche es eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in deren Herkunftsländern.