Helfer mit Canisibus und Gast

Caritas warnt „Soziale Dimension der Corona-Krise ist bereits spürbar!“

Die Caritas der Erzdiözese Wien hat ihre Nothilfe in den letzten Wochen stark ausgeweitet: Mehr Beratungen, ein neues Quartier für Obdachlose und 62 Tonnen ausgegebene Lebensmittel. Hilfs-Anfragen in der Sozialberatung stark gestiegen. Schwertner: „Corona ist eine Gesundheitskrise, die für viele Menschen eine soziale Krise zur Folge haben wird.“

Wien. Woche 5 seit Ausbruch der Coronakrise in Österreich. „Vor knapp einem Monat wurde Österreich ein behördlicher Lockdown verordnet, um die gesundheitlichen Folgen der Krise möglichst gering zu halten. Mehr als einen Monat später spüren wir an den unterschiedlichen Stellen: Die Gesundheitskrise beginnt, sich für viele Menschen bereits heute zu einer sozialen Krise auszuwachsen. Das macht ein Blick auf die steigende Zahl arbeitsloser Menschen überdeutlich. Auch als Caritas spüren wir die zunehmende Not an den unterschiedlichen Stellen“, betont Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien. „Wir begegnen Menschen, die ihren Job verloren haben und nicht mehr wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen. Alleinerziehende Mütter suchen verzweifelt Hilfe, und müssen sich von ihren Kindern Taschengeld ausborgen, damit der Kühlschrank nicht leer bleibt und Mindestpensionisten sind oftmals nicht in der Lage, ausreichend Lebensmittel zu besorgen und zu bezahlen. Und auch für obdachlose Menschen stellt die Pandemie einen harten Stresstest dar. Wir sehen: Die Schwächsten unserer Gesellschaft sind am stärksten von der aktuellen Situation betroffen und 50 Prozent der Menschen, die bei der Corona Nothilfehotline anrufen, geben an, dass sie nie geglaubt hätten, jemals von der Caritas Hilfe zu brauchen.“

Die Caritas hat daher bereits vor Wochen Vorkehrungen getroffen und ihre Hilfsangebote den neuen Gegebenheiten angepasst und ausgebaut. „Unser Ziel ist klar: Wir müssen einen sozialen Lockdown in Österreich unter allen Umständen verhindern! Aber die vergangenen Tage haben überdeutlich gemacht: Unsere Hilfe wird hier einen langen Atem brauchen. Wir reden hier nicht von Tagen oder Wochen, sondern von Monaten und Jahren. Und es geht nicht nur um Menschen, die schon vor der Krise in der Krise waren, sondern auch um jene, die nun unverschuldet neu in Not geraten.“

Doppelt so viel Anfragen bei der Caritas-Sozialberatung

Die zuletzt massiv gestiegene Arbeitslosigkeit macht den Bedarf an Hilfe besonders deutlich. „Wir spüren es seit Beginn der Pandemie ganz stark in unseren 36 österreichweiten Sozialberatungsstellen. Bereits vor der Krise haben wir hier im Jahr knapp 65.000 Menschen beraten und auch mit kleinen finanziellen Überbrückungshilfen dank Spendengeldern unterstützt. Doch derzeit laufen unsere Telefonleitungen noch heißer als zu normalen Zeiten. Allein in Wien haben sich zuletzt doppelt so viele Menschen in Not an uns gewandt. Und unsere Caritas Sozialberatungsstellen waren schon immer Seismographen für gesellschaftliche Entwicklungen.“ In der ersten Märzhälfte gab es rund 900 Kontakte (E-Mail, Telefon, Beratungsgespräche); in der zweiten Märzhälfte waren es bereits knapp 1800. Alleine in den ersten beiden April-Wochen meldeten sich 2.100 Menschen bei der Caritas. „Ausstehende Mietkosten, zu wenig Geld für Lebensmittel und zu lange Wartezeiten auf zu geringe staatliche Unterstützungsleistungen – das sind die häufigsten Sorgen und Nöte, mit denen wir hier konfrontiert sind“, so Schwertner. „Aus unserer Sicht wäre es wichtig, nun nicht nur die Wirtschaft mit milliardenschweren Paketen zu retten, sondern auch die Schwächsten unserer Gesellschaft mit einer Solidaritätsmilliarde zu unterstützen!“

Le+O mobil: Lieferungen an armutsbetroffene Haushalte

Besonders hoch ist auch die Nachfrage nach Lebensmitteln, etwa beim Projekt Le+O – Lebensmittel und Orientierung, das armutsbetroffene Haushalte mit Lebensmitteln und Sozialberatung unterstützt. „Wir haben vor Wochen sechs Lebensmittel-Not-Ausgabestellen eingerichtet, bei denen wir Lebensmittelpakete unter freiem Himmel und großen Sicherheitsvorkehrungen verteilen.“ Ähnliche Projekte gibt es etwa auch in Tirol, Salzburg oder der Kärnten und der Steiermark. In Wien wurden die Le+O Notausgabestellen zuletzt auch um Hauszustellungen erweitert – um so auch die Risikogruppe der älteren Menschen und Haushalte an der Armutsgrenze mit ausreichend Lebensmitteln versorgen zu können. „Derzeit können wir an den 6 Notausgabestellen rund 350 Gäste pro Woche mit Lebensmitteln versorgen, mehr als 500 Menschen wurden bereits mobil beliefert. In Summe wurden so mehr al s 4.600 Lebensmittelpakete ausgegeben – insgesamt 62 Tonnen Lebensmittel. Die Nachfrage nach Le+O Lieferungen steigt derzeit täglich.“ 

Neues Notquartier, Hygiene-Pakete für Obdachlose, Corona-Not-Wärmestuben

Mit Unterstützung der ÖBB ist es gelungen, ein neues Notquartier „Bahnhof Meidling“ innerhalb von kürzester Zeit aufzusperren. 70 obdachlose Menschen haben seit Anfang April die Möglichkeit, dort zu nächtigen. „Für obdachlose Menschen bedeutet die Corona Krise ein brutaler Stresstest. Mit dem neuen Notquartier konnten bestehende Quartiere entlastet werden. Zusätzlich ist es gelungen, den KlientInnen einen 24-Stunden-Aufenthalt in den Notquartieren zu ermöglichen.“ 200 Hygiene-Nothilfepakete wurden darüber hinaus mobil an obdachlose Menschen verteilt – darin enthalten unter anderem Handseifen, Miniapotheken, Feuchttücher, Einweghandschuhe. Das Wärmestuben-Angebot konnte zudem verlängert und zu täglich geöffneten Not-Wärmestuben umgewandelt werden: „Betroffene können sich dort aufhalten und erhalten ein Essen. Auch dort sehen wir: Sehr viele Menschen führen ein Leben am Existenzminimum und sind auf diese Hilfe angewiesen“, sagt Schwertner. 1000 Wärmestubenbesuche wurden in den letzten vier Wochen gezählt. Auch beim Canisibus, dem Suppenbus der Caritas der Erzdiözese Wien, sind die Schlangen vor den Bussen länger geworden. Mehr als 6.000 Teller heiße Suppen – bis zu 200 Portionen täglich – wurden in den vergangenen Wochen ausgegeben. Davor waren es im Jänner und Februar im Schnitt zwischen 130 und 150. Auch ist eine viel größere Anzahl der Gäste darauf angewiesen, vom Canisibus noch eine Suppe im Einmachglas mitzunehmen, damit sie auch ein Frühstück oder ein Mittagessen für den nächsten Tag haben.

Doppelt so viele Freiwillige
Bei der Caritas haben sich alleine in Wien in den vergangenen Wochen mehr als 4.000 (meist junge) Menschen gemeldet, die bereit sind, rasch und unbürokratisch dort zu helfen, wo akute Notlagen herrschen. Insgesamt ist der Freiwilligen-Pool von 3363 Freiwilligen (Stand Februar) auf 7.363 angewachsen, hat sich insgesamt also mehr als verdoppelt. Diese helfenden Hände werden dringend gebraucht: Sie kochen Suppe für den Canisibus, transportieren Lebensmittel oder Essenspakete, helfen beim Einkauf, bauen Möbel in Notquartieren zusammen, geben Essen in den Wärmestuben aus oder sitzen an den Hörern der Corona-Nothilfe-Hotline oder des neu eingerichteten Plaudernetz (www.plaudernetz.at) – einer Telefonnummer gegen Einsamkeit und Isolation. 

Sie brauchen Hilfe?

Corona Nothilfe Hotline: Die Caritas hat im März eine österreichweite Hotline für Menschen gestartet, die durch die Corona-Pandemie in eine akute Notlage geraten sind. Unter 05 17 76 300 leistet ein Team von Freiwilligen von Montag bis Freitag telefonische Ersthilfe. AnruferInnen werden auch an andere unterstützende Stellen verwiesen. 

Plaudernetz (05 1776 100): Wer unter den Folgen des gesellschaftlichen Lockdowns und an Einsamkeit leidet, findet bei Plaudernetz knapp 2.000 Freiwillige in ganz Österreich, die Zeit zum Zuhören haben. 

 

Sie wollen helfen

Füreinand‘ – Community für Menschlichkeit: 3.000 Menschen in ganz Österreich haben sich bislang auf www.fuereinand.at – Österreichs neuer Plattform für Menschlichkeit registriert – um einfach und unbürokratisch von Zuhause aus zu helfen – indem sie Mund-Nasen-Schutzmasken nähen 

Spenden: Die Caritas benötigt dringend Spenden, um die laufende Hilfe weiter aufrechterhalten zu können und weiter auszubauen. 

Jetzt spenden unter: www.caritas.at/corona-nothilfe 

Caritas-Spendenkonto
Erste Bank IBAN: AT23 2011 1000 0123 4560
BIC: GIBAATWWXXX
Kennwort: Corona Nothilfe