10 Jahre Caritas Stadtteilarbeit

„Gerade, wenn sich die Welt vermeintlich immer schneller dreht, wir in Zeiten multipler Krisen leben, ist es umso wichtiger, dass das eigene Zuhause, das Grätzel oder die Nachbarschaft Orte der Geborgenheit, Mitgestaltung und Sicherheit sind. Krieg in der Ukraine, Pandemie, demographische Entwicklung, Migration und Klimakrise wirken sich auf unser Zusammenleben ganz unmittelbar aus. Bereits seit zehn Jahren begleiten wir als Caritas mittlerweile neu entstehende oder sich verändernde Nachbarschaften und leisten dadurch einen Beitrag für ein besseres Miteinander und Zusammenleben“, zeigt sich Klaus Schwertner, gf. Caritasdirektor der Erzdiözese Wien erfreut. 

In vielen Wohnquartieren werden Besiedelungsbegleitung und Quartiersmanagement umgesetzt – zur Unterstützung lebendiger Nutzung und Mitgestaltung von Gemeinschaftsräumen und Freiräumen, der Moderation von Aushandlungsprozessen vor Ort und der Förderung von Initiativen von Bewohner*innen. Zusätzlich liegt ein Hauptaugenmerk auf der Schaffung von Wohnformen für besonders vulnerable Zielgruppen und dem Begleiten von Projekten der Stadterneuerung und Stadtentwicklung. So ist das Stadtteilmanagement Seestadt aspern bereits vor der Fertigstellung der ersten Wohnungen in die Seestadt gezogen und begleitet seither die Entstehung des neuen Stadtteils – einem der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas – damit sich neben dem Baufortschritt auch das Zusammenleben im Stadtteil gut entwickelt. In den vergangenen Jahren wurde zudem ein Fokus auf ökologische Nachhaltigkeit gelegt. Neben Ansätzen zur Bekämpfung von Energiearmut, engagiert sich das Team in Projekten für klimafreundliches und nachhaltiges Leben.

„Ein besonderer Fokus unserer Stadtteilarbeit liegt darauf, Orte zu schaffen, an denen Menschen einander treffen und eigene Ideen gemeinsam umsetzen können“, sagt Katharina Kirsch-Soriano da Silva, Leiterin der Caritas Stadtteilarbeit. Bei den Grätzeleltern etwa, dem ersten Pilotprojekt, geht es darum, Menschen verschiedener Herkunft zu schulen, um anderen Menschen in ihren Communities muttersprachlich und niederschwellig bei Alltagsthemen zu unterstützen. „Und genau darum geht es auch bei uns – wir bieten nicht nur individuelle Unterstützung an, sondern nehmen auch das soziale Umfeld und soziale Verhältnisse verstärkt in den Blick“, fährt sie fort. 

Neben der Hilfe für Menschen in Not und der Begleitung von pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen, wurde von der Caritas in den vergangenen Jahren der Bereich Gemeinwesenarbeit ins Leben gerufen. Da diese häufig auf Ebene eines Stadtteils, eines Quartiers oder einer Gemeinde geschieht, entwickelte sich vor mittlerweile zehn Jahren daraus die Stadtteilarbeit der Caritas der Erzdiözese Wien. „Unsere Themenfelder sind vielfältig: Wohnen und Zusammenleben sowie die Mitgestaltung des eigenen Wohnumfelds, sozial und ökologisch nachhaltige Stadtteilentwicklung, Gesundheitsförderung in der Nachbarschaft, Migration und Diversität sowie die Förderung von sozialer Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen“, sagt Kirsch-Soriano da Silva und weiter: „Was als kleines Projekt startete, ist heute ein interdisziplinäres Team bestehend aus 25 Mitarbeiter*innen, mehr als 40 Freiwilligen sowie vielen Menschen in Bewohner*innengruppen und nachbarschaftlichen Initiativen, die von der Caritas gefördert und begleitet werden.“

Meilensteine…
 

„Grätzeleltern“, das erste realisierte Projekt der Stadtteilarbeit, sind engagierte Freiwillige, die zu verschiedenen Themen rund um Wohnen, Soziales, Zusammenleben und Integration geschult werden und als Multiplikator*innen in allen Wiener Bezirken ihr Wissen weitergeben und Menschen in ihrem Umfeld bei Fragen rund um ihr Ankommen in Wien unterstützen. Bis heute sind rund 35 Grätzeleltern aktiv, die bisher mehr als 2.400 Haushalte dabei geholfen haben, ihre Lebenssituation zu verbessern.

Ein weiterer Meilenstein ist das Projekt „Community Cooking“: Hier lädt ein multikulturelles Team seit 2015 regelmäßig zu offenen Kochrunden in die Gemeinschaftsküche in der Brotfabrik in Wien Favoriten ein. Die Küche hat sich mittlerweile als Ort der interkulturellen Begegnung etabliert, wo über Kochen verschiedene Menschen zusammenkommen, neue Kontakte und Freundschaften entstehen und voneinander auch Wissen über gesunde Ernährung gelernt wird.

… und Zukunftsthemen

„Das größte Zukunftsthema in unserer Gesellschaft ist für uns als Caritas die Frage der Sozialen Inklusion - sei es das Mitspracherecht von Menschen mit Migrationshintergrund, der Blick auf Menschen, die durch Armut gefährdet sind oder der Zugang für alle zu leistbarem Wohnraum, Bildung und Arbeit“, betont Schwertner. Ein drängendes Thema sei auch der Aufbau von sozialen Netzwerken. „Immer mehr Menschen sind von Einsamkeit betroffen. Und was braucht es, um Einsamkeit entgegenzuwirken? Zuallererst Beziehungen, denn daraus entstehen Netzwerke. Und Netzwerke stärken solidarisches und zivilgesellschaftliches Handeln“, so Schwertner. 

Weitere Themen, die die Stadtteilarbeit künftig noch stärker beschäftigen werden, sind etwa die Sanierung und Adaptierung von bestehenden Quartieren, die Förderung lokaler Kreisläufe oder auch die Entwicklung von Tausch- und Teilangeboten – ganz im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit. „In den kommenden Jahren wird sich unsere Gesellschaft auch stark mit Veränderungsprozessen beschäftigten. Städte und Gemeinden verändern sich laufend. Gerade in Zeiten der Corona Pandemie, aber auch angesichts von Kriegen und globalen Fluchtbewegungen ist es wichtig, Veränderungen zu begleiten, Resilienz im Umgang mit Krisen zu stärken, in und aus Krisen zu lernen und alternative Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft von Stadt und Gesellschaft zu entwickeln“, so Kirsch-Soriano da Silva abschließend.

Caritas Stadtteilarbeit