Jobmeile

Landau: „Rekordarbeitslosigkeit erfordert Rekordverantwortung!“

Landau (Caritas) und Draxl (AMS) wünschen sich Rücknahme der Kürzungen im Bereich aktiver Arbeitsmarktpolitik. Bock-Schappelwein (BIFO) fordert Bildungsoffensive, um Arbeitslosigkeit zu senken.

 

In Österreich sind zurzeit so viele Menschen arbeitslos wie zuletzt vor über 60 Jahren. „Obwohl Österreich die Finanz- und Wirtschaftskrise – im mittlerweile siebenten Jahr – bisher deutlich besser meistern konnte, als manch andere Länder in Europa, sind wir heute mit einer Rekorderwerbslosigkeit konfrontiert, die erschreckend ist“, so Caritas Präsident Michael Landau heute anlässlich der siebenten „Jobmeile“ in Wien.

 

360.212 Menschen (oder 9,4 Prozent) waren im März 2015 in ganz Österreich erwerbslos gemeldet. Weitere 68.307 Menschen waren in Kursen oder Schulungen, weil sie keinen Job fanden. Insgesamt 428.519 erwerbslosen Menschen stehen 26.252 offene Stellen gegenüber. Das heißt konkret: Auf jede in Österreich verfügbare Stelle kommen 16 Arbeitssuchende, und auf jede in Wien verfügbare sogar fast 32.

 

„In Zeiten wie diesen brauchen wir mehr Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, nicht weniger“, so Landau und fordert eine Rücknahme der geplanten Streichungen von 220 Millionen Euro ab 2017 für die aktive Arbeitsmarktpolitik: „Wir werden diese Mittel dringend benötigen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen die verantwortlichen PolitikerInnen Chancen, Perspektive und Teilhabe ermöglichen und nicht verwehren.. Es ist schlichtweg absurd, bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Erwerbslosigkeit zu sparen. In Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit braucht es Rekordverantwortung von der Politik!“ 

 

Über längere Zeit ohne Erwerbsarbeit zu sein bedeutet vielfach, ins Abseits der Gesellschaft gedrängt zu werden. „Im Angesicht der erschreckend hohen Zahlen darf es keine Denkverbote geben, um Erwerbslosigkeit zu bekämpfen“, so der Caritas Präsident und weiter, „wir müssen etwa auch über eine moderne Arbeitszeitpolitik nachdenken. Das betrifft in etwa Fragen der besseren und gerechteren Verteilung von Erwerbsarbeit, ebenso wie den Umgang mit Überstunden, die Themen Bildungskarenz und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich halte etwa viel von einem Papa-Monat und zwar als lebbare Möglichkeit für möglichst alle Väter.“

 

AMS Wien als verlässlicher Partner

Die Caritas und das AMS Wien verbindet mittlerweile eine 25 Jahre währende Zusammenarbeit. Gemeinsam gelang es in dieser Zeit, mehr als 5.000 Menschen im Rahmen gemeinsamer Beschäftigungsprojekte zu unterstützen. 

Petra Draxl, Landesgeschäftsführerin Arbeitsmarktservice Wien: „Für das AMS Wien gewinnt der sogenannte Zweite Arbeitsmarkt vor allem bei der Zielgruppe der Über-50-Jährigen an Bedeutung – die Sozialökonomischen Betriebe haben das Know-how, die Menschen wieder ans Erwerbsleben heranzuführen.“ 

Die Bundesregierung hat eine deutliche Aufstockung der Mittel für Ältere am Arbeitsmarkt für den Zeitraum bis Ende 2017 beschlossen.„Das hilft uns sehr, die Anstrengungen für diese Gruppe durch einen Mix aus zielgerichteter Unternehmensförderung und Sozialökonomischen Betrieben zu verstärken“, so Draxl. „Derzeit müssen wir allerdings den größeren Teil dieser Mittel für die Förderung von Arbeitsverhältnissen am ersten Arbeitsmarkt heranziehen. Hilfreich wäre, zumindest gleich viel Geld für den Zweiten Arbeitsmarkt zur Verfügung zu haben.“

 

Draxl sprach auch eine rasche Zunahme der Zahl der Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache auf dem Wiener Arbeitsmarkt an. „Trotzdem können wir im laufenden Jahr leider sehr viel weniger Leuten ein Deutschkursangebot machen als im Vorjahr – weil wir aus budgetären Gründen fast um ein Drittel weniger Kursplätze haben. Wir würden uns wünschen, mehr Menschen, die hier leben und auch arbeiten wollen, durch einen Deutschkurs den Weg in den Arbeitsmarkt erleichtern zu können.“ 

 

WIFO Arbeitsmarktexpertin Julia Bock-Schappelwein sprach über den Zusammenhang zwischen Bildung und Arbeitsmarkt: „Ohne einen formalen Bildungsabschluss, der über die Pflichtschulausbildung hinausgeht, steigt das Risiko, keine Beschäftigung zu finden, arbeitslos zu sein. Die Arbeitslosenquote ist unter Menschen, die höchstens die Pflichtschule abgeschlossen haben, um mehr als dreimal höher als unter Menschen mit einer abgeschlossenen Lehrausbildung bzw. achtmal höher als unter AkademikerInnen. 

 

Investitionen in die Basiskompetenzen wie Lesen, Rechnen und Schreiben dringend nötig, damit Jugendliche ihre schulische Karriere im Anschluss an die Pflichtschule erfolgreich fortsetzen können und nicht zu früh aus dem Bildungssystem herausfallen.“

 

Caritas Wien: Ein Vierteljahrhundert im erweiterten Arbeitsmarkt

Seit 25 Jahren ist die Caritas der Erzdiözese Wien mit Angeboten am erweiterten Arbeitsmarkt aktiv. Mit Projekten wie dem Restaurant „Inigo“ oder der „magdas Kantine“ erhalten Menschen, die nur schwer am Arbeitsmarkt Fuß fassen können, jene Chance, die sie auch verdienen. In der Caritas der Erzdiözese Wien konnten im Vorjahr 376 Arbeitsplätze für arbeitssuchende Frauen und Männer zur Verfügung gestellt werden. In ganz Österreich bietet die Caritas mehr als 1.000 Arbeitsplätze für langzeiterwerbslose Menschen in knapp 80 Projekten. Viele der KlientInnen arbeiten in Werkstätten, Möbellagern oder sind in der Grünflächenpflege tätig.