Schwertner: „Hören Sie auf die Bevölkerung zu verunsichern und Bettler zu kriminalisieren!“
„Wir distanzieren uns als Caritas von den heutigen Aussagen von Herrn Oberst Tatzgern!“ nimmt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien Stellung. „Herr Tatzgern spricht von einem geplanten gemeinsamen Projekt mit der Caritas, das es nicht gibt. Der leitende Beamte des Bundeskriminalamts hat lediglich um einen Termin bei der Caritas ersucht, der letzten Donnerstag stattgefunden hat.“ Angebote wie eine warme Mahlzeit beim Canisibus, Kleiderausgabe in den carlas oder medizinische Betreuung beim Louisebus sind alles Caritas-Angebote für armutsbetroffene Menschen, die schon heute kostenlos, dank der Unterstützung unzähliger Spenderinnen und Spender, sowie in enger, guter Zusammenarbeit mit der Stadt Wien angeboten werden können.
Caritas zum Thema Betteln
„Niemand bettelt aus Jux und Tollerei, es handelt sich um verzweifelte Menschen, die unter unvorstellbar prekären Armutverhältnissen leben“, so Schwertner. Wenn es in einem Einzelfall um Menschenhandel gehen sollte, dann ist das so wie bei Zwangsarbeit, Zwangsprostitution, etc. entsprechend zu verurteilen und schon heute gesetzlich klar geregelt.
Laut Studie erhalten BettlerInnen zwischen 20 und 30 Euro pro Tag, Menschen mit Behinderung etwas mehr (nicht 300 bis 1000 Euro wie vom Bundeskriminalamt behauptet). Dieser Betrag reicht kaum für ein menschenwürdiges Überleben, wer hier von mafiösen Strukturen spricht, hat von der Realität keine Ahnung. Menschen, die betteln, geben ihr Wissen weiter, bilden Fahrgemeinschaften, nehmen Sammeltaxis in Anspruch oder teilen sich Wohnungen, weil sie sich die Mieten sonst nicht leisten können. An diesem Verhalten lässt sich nichts Verwerfliches erkennen, es wird aber derzeit als "organisiertes" Betteln bestraft.
„Vom Betteln wird niemand reich. Hören Sie auf die Bevölkerung zu verunsichern und Bettler zu kriminalisieren!“, appelliert Schwertner an den leitenden Beamten. Aus Sicht der Caritas ist es völlig unverständlich, warum Betteln unter Strafe steht. "Das einzige, was wir alle tun können, ist, direkt zu helfen – vor Ort in den Herkunftsländern und hier bei uns. Aufmerksamkeit, teilen und ein Stück internationaler Gerechtigkeit sind aus Caritas Sicht die richtige Lösung", so Schwertner abschließend.