V.l.n.r.: Elisabeth Blankenhorn (Lares*Homebase, Diakonie), Alicia Allgäuer (Caritas Wien), Sahab Shahab (IHS-Stipendiant, Freiwilliger bei Queer Base), Marty Huber (Queer Base), Afnan Al-Jaderi (Caritas Wien)
„(K)ein sicherer Hafen?“ lautete der Titel der Integrationsgespräche, in deren Rahmen am 21.6.2017 das Caritas-Projekt ZusammenReden dazu einlud, über die Betreuung, Beratung und Begleitung von geflüchteten LGBTIQ-Personen zu sprechen.
Marty Huber, Elisabeth Blankenhorn sowie Sahab Shahab wurden von der Moderatorin Alicia Allgäuer als ExpertInnen am Podium begrüßt. Etwa 30 Personen kamen im Elisabethsaal der Caritas-Zentrale im 16. Bezirk zusammen, um sich mit ihnen über Herausforderungen und Handlungsoptionen in der Arbeit mit geflüchteten LGBTIQ Gedanken zu machen.
Sensible und vorurteilsfreie Betreuung und Beratung
Der Verein Queer Base, der Asylberatung, Unterstützung und Vernetzung anbietet, reagierte im Zuge des Anstiegs der Flüchtlingsanzahl in Österreich im Herbst 2015 auf den erhöhten Bedarf nach einer spezifischen Betreuung für geflüchtete LGBTIQ, also Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*- und Interpersonen, erklärt Mitbegründerin Marty Huber. Denn in der eigentlichen Flüchtlingsarbeit seien hinsichtlich dieser Personengruppe noch viele Sensibilisierungsmaßnahmen nötig. Das betreffe vor allem BetreuerInnen, BeraterInnen und ÜbersetzerInnen, die speziell geschult werden müssten. Vielen Menschen fällt es schwer über die eigene Sexualität zu sprechen, aber LGBTIQ-Geflüchtete müssen darüber reden, da es für den Asylantrag entscheidend ist. Hier sei sehr wichtig, Offenheit zu signalisieren und über Anlaufstellen wie Queer Base zu informieren. Sahab Shahab, der selbst betroffen ist, wusste nach seiner Ankunft in Österreich etwa nicht, wohin er sich mit LGBTIQ-Anliegen wenden kann. Erst als er auf die Türkis Rosa Lila Villa stieß, fand er Unterstützung.
Anfangs war eine der größten Herausforderungen für Queer Base, die Politik über die Situation und Schwierigkeiten der LGBTIQ-Geflüchteten zu sensibilisieren. Als schließlich 2015 eine Klientin ermordet wurde, habe sich auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Wien gebessert. „Die Trauer und die Wut müssen in strukturelle Veränderung übersetzt werden“, so Huber. LGBTIQ-Geflüchtete sind oft Vorurteilen, persönlichen Übergriffen, aber auch struktureller Gewalt ausgesetzt, weshalb sicheres Wohnen ein wichtiges Thema ist. Hier sei es laut der Expertin „Sache der Stadtpolitik, dass spezifische Unterbringungen geschaffen werden.“
"Das handfeste, alltägliche Leben"
Vorurteile und Übergriffe seien ein großes Thema, stimmt Elisabeth Blankenhorn von der Diakonie zu, doch in ihrer Arbeit „geht es wirklich um das handfeste, alltägliche Leben.“ So greife das Regelsystem von Heimen oft sehr stark in das Privatleben der Menschen ein, etwa mit Alkoholverboten oder Einteilung der Wohneinheiten nach Geschlechtern. „Bei LGBTIQ-Geflüchteten wird diese Regelung der Geschlechtertrennung ad absurdum geführt“, erklärt Blankenhorn. In den LARES*Homebase-Wohnungen der Diakonie, die Wohnraum für LGBTIQ-Geflüchtete anbieten, würden daher die BewohnerInnen nach Sympathien eingeteilt statt nach Geschlecht. „Es kommen Menschen zu uns, die wegen ihres Privatlebens und des Auslebens ihres Privatlebens Diskriminierung ausgesetzt waren.“ Diesen Menschen erneut Beschränkungen aufzuzwingen, findet Blankenhorn schwierig. Ein Eingriff sollte nur dann erfolgen, wenn es um sexuelle Gesundheit oder Konflikte geht und sonst nicht. Denn „es soll Selbstbestimmung ermöglicht werden!“
Die nächste Veranstaltung zum Thema „Werte machen Leute: Die Rolle der Wertedebatte für die Integration“ findet am 28.06.2017 in St. Andrä-Wördern statt. Nähre Informationen finden Sie unter: www.zusammenreden.net
"ZusammenReden" ist ein Projekt der Caritas Wien (Missing Link). Es wird vom Land NÖ und dem Gewerblichen Berufsschulrat gefördert und in Kooperation mit den Gemeinden Korneuburg, St. Andrä-Wördern, Neunkirchen und Ebreichsdorf durchgeführt.