Flüchtlinge finden seit einem Monat Schutz in der Votivkirche

Caritas, Diakonie und Amnesty International appellieren an Bundeskanzleramt und Innenministerium „Flucht ist kein Verbrechen! Rasche Lösung für verzweifelte Menschen finden“

Seit dem 18. Dezember 2012 machen Flüchtlinge in der Votivkirche auf ihre verzweifelte Situation aufmerksam. „Es ist ein Hilfeschrei von Menschen in Not, die auf grundsätzliche Probleme und Verbesserungsbedarf aufmerksam machen! Es ist weder alles gut noch alles schlecht im österreichischen Asylwesen, aber es braucht dringend Verbesserungen in einigen Bereichen. Das persönliche Schicksal und die persönlichen Lebensgeschichten der Flüchtlinge sollten die verantwortlichen PolitikerInnen nicht kalt lassen! Es braucht jetzt rasch eine gute und friedliche Lösung. Die Kirchen, NGOs und die Zivilgesellschaft stehen Seite an Seite mit den Menschen in Not, aber nur die Politik kann Lösungen finden. Das ist eine Frage des Wollens, nicht des Könnens“, so Caritasdirektor Michael Landau, Diakonie-Direktor Michael Chalupka und Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich.

„Wir sind nicht gekommen, um zu sterben! Dann hätten wir gleich in unseren Herkunftsländern bleiben können, wo Krieg und Verfolgung tägliche Realität sind“, so ein Flüchtlingssprecher. Caritas, Diakonie und Amnesty International danken den vielen UnterstützerInnen mit Herz, die den Flüchtlingen in der Votivkirche nach wie vor durch ganz konkrete Hilfe beistehen. Sie kochen warme Suppe, lernen mit den Flüchtlingen Deutsch, sind einfach da und hören ihnen zu oder bringen warme Kleidung und Decken vorbei.

Der Protest der Flüchtlinge hat sich seit dem Beginn stark verändert und sie haben viel erreicht:
21.12. Runder Tisch mit Vertretern des Innenministeriums, des Bundeskanzleramts, Flüchtlingsvertretern, Caritas, Diakonie, Amnesty International, UNHCR auf Einladung von Kardinal Schönborn
28.12. Der evangelische Superintendent Hansjörg Lein, Bischofsvikar Dariusz Schutzki, Diakonie-Direktor Michael Chalupka, Caritasdirektor Michael Landau und Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Seite an Seite mit den Flüchtlingen in der Votivkirche
30.12. Besuch von Kardinal Christoph Schönborn bei den Flüchtlingen in der Votivkirche
02.01. Einladung der Innenministerin von vier Flüchtlingen aus der Votivkirche über Vermittlung der Caritas
06.01. Besuch des Vizepräsidenten des Europaparlaments Othmar Karas bei den Flüchtlingen
13.01. Der Schweizer Soziologe und ehemalige UN Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung Jean Ziegler besucht die Flüchtlinge spontan in der Votivkirche

Mittlerweile geht es den Flüchtlingen in der Votivkirche nicht mehr um unrealistische Forderungen wie etwa die Löschung von Fingerabdrücken, die nur auf europäischer Ebene lösbar wäre. Die Flüchtlinge fordern wiederholt ihre Menschenrechte ein. „Menschen zum Teil jahrelang zum Nichtstun zu verdammen, sie nicht arbeiten zu lassen oder sie in verschimmelten, baufälligen, entlegenen Quartieren unterzubringen, ist unmenschlich, nicht nachvollziehbar und macht Menschen psychisch und physisch kaputt!“ so Landau, Chalupka und Patzelt.

Aus Sicht von Caritas, Diakonie und Amnesty International Österreich geht es jetzt um
1) Rasche, qualitätsvolle Asylverfahren
2) Eine echte Möglichkeit arbeiten und für sich selbst sorgen zu dürfen (nicht nur als ErntehelferInnen und in der Prostitution)
3) Menschenwürdige Quartiere, die nur durch einheitliche Qualitätsstandards und laufende Kontrollen sichergestellt werden können

Die Caritas ist am 18.12. von der Pfarre und der Erzdiözese Wien in die Votivkirche gerufen worden und vermittelt, betreut und versorgt seit diesem Tag rund um die Uhr schutzsuchenden Menschen in ihrer schwierigen Situation. 63 Flüchtlinge finden nach wie vor Schutz in der Votivkirche, wo sie im linken Seitenschiff ein Matratzenlager errichtet haben. Auch letzte Nacht haben wieder rund 45 Personen in der Kirche übernachtet. Seit 23.12. ist der Großteil von ihnen in Hungerstreik. Die Johanniter-Unfall-Hilfe übernimmt die medizinische Versorgung und täglich werden in der zur Ambulanz umgebauten Sakristei die Anwesenden untersucht. Alle Hungerstreikenden trinken ausreichend und ihr Gesundheitszustand wird von den behandelnden ÄrztInnen als derzeit noch stabil bezeichnet. Insgesamt waren bisher rund 25 ambulante bzw. stationäre Krankenhausaufenthalte erforderlich. „Wir setzen uns gerne für die Anliegen der Betroffenen ein, bitten sie aber eindringlich, dass sie den Hungerstreik besser heute als morgen beenden und ihre Gesundheit nicht weiter gefährden“, so die NGO-Vertreter.