„Bildung, Jugend, Arbeit“ beim zweiten ZusammenReden-Abend in Amstetten am 21.6.2013
Rund 50 BesucherInnen verfolgten den zweiten von vier Themenabenden der Amstettner Integrationsgespräche am 21. Juni in der Landesberufsschule, die von der Caritas Wien (Asyl & Integration NÖ) gemeinsam mit der Stadt Amstetten organsiert und von verschiedensten lokalen Vereinen unterstützt werden – diesmal aktiv mit dabei waren u.a. der Verein Quamut (Qualifizierung und Arbeitstraining Mostviertel), das Jugendzentrum Amstetten, das Jugendrotkreuz und das AMS.
Diesmal standen Jugendliche im Zentrum der Debatten; Bildungschancen und -hindernisse und die Rolle des Schulsystems wurden dabei ebenso diskutiert, wie die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, sprachliche Defizite und Mehrsprachigkeit. Darüber sprachen Amani Abuzahra (Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik), Erdal Kalayci (CeSIP – Zentrum für Sozial- und Integrationsprojekte), Gottfried Schulze (Hauptschuldirektor Pestalozzischule Amstetten) und Nevenka Wurst (Dolmetscherin für Bosnisch-Kroatisch-Serbisch, Salzburg) mit einem sehr engagierten Publikum. Die Sprachwissenschafterin Lo Hufnagl (lernraum.wien, VHS Wien) moderierte durch den vielseitigen Abend.
Erdal Kalayci forderte gleich zu Beginn das Publikum auf, Interesse zu zeigen und Fragen zu stellen, denn es fehle oft ein positiver Zugang zu Migration. „Das erste Mal, dass sich ein Lehrer für meine Herkunft interessierte, war kurz vor der Matura, in der siebten Klasse – und zwar durch die einfache Frage, was mein Nachname denn eigentlich bedeute. Hier geht es in erster Linie um Anerkennung und Akzeptanz, ohne negative Zuschreibungen zu Herkunft oder Muttersprache.“
Direktor Schulze plädierte für eine inklusive Pädagogik. Es sollen keine Projekte exklusiv für Kinder mit Migrationshintergrund gemacht, sondern alle miteinbezogen werden. „Damit vermeiden wir, dass neue Konfliktfelder und Ausgrenzungsmechanismen entstehen.“
Abuzahra indes kritisierte, dass in der Schule meist von Integration gesprochen werde, ohne den Integrationsbegriff differenziert zu verwenden. „Oft geht es ja gar nicht um Kinder mit Migrationshintergrund, sondern um Kinder aus sozial schwachen Familien, die Schwierigkeiten im Bildungssystem haben. Diese Kinder müssen unterstützt werden, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund.“
Für Kontroversen sorgte auch die Debatte darüber, welche Rolle die Muttersprache für das Deutschlernen hat: „Niemand will bestreiten, dass das Erlernen der deutschen Sprache für die Integration wichtig ist, aber mindestens genauso wichtig ist es, gleichzeitig die Muttersprache zu fördern“, so Nevenka Wurst. Kalayci bestätigte, dass auch in der Wissenschaft die Wichtigkeit der Muttersprache für das Erlernen weiterer Sprachen unumstritten sei. „Sonst spricht das Kind am Ende sowohl die Muttersprache als auch Deutsch schlecht!“
Das Publikum beteiligte sich trotz hitziger Temperaturen eifrig an der Diskussion und zwei Jugendliche von Quamut erzählten von ihren Erfahrungen als Arbeitsuchende. Besonders beeindruckt war das Publikum davon, wie man in dreieinhalb Jahren perfekt Deutsch lernen kann. „Weil ich viele deutschsprachige Freunde habe“, lenkte der junge Mann aus Algerien das Augenmerk auf eine weitere Erkenntnis von Sprachlehrenden: Eine Sprache lernt man nur, wenn mit einem gesprochen wird.
Das Miteinander Sprechen wurde schließlich beim exzellenten Buffet, das von der Landesberufsschule bereitgestellt wurde, in gemütlichem Rahmen fortgesetzt.
Bereits während der Debatte über Bildung und Schulsystem kamen die BesucherInnen immer wieder auf das Thema „Tradition versus Religion“ zu sprechen. Dies soll speziell bei der nächsten Veranstaltung am Freitag, den 27. September 2013, um 17:00 Uhr unter dem Motto „Frauen, Kultur, Religion“ diskutiert werden. Dazu werden Soma Ahmad (Forum Emanzipatorischer Islam), Sevda Batmaz (Interkulturelle Mitarbeiterin in den Amstettner Kindergärten) und Karin Bischof (Institut für Konfliktforschung, Uni Wien) unter Leitung von Tülay Tuncel (Mingo Migrant Enterprises, Wirtschaftsagentur Wien) mit allen Interessierten im Schloss Ulmerfeld, Burgweg 1, debattieren.
„ZusammenReden“ wird vom Land Niederösterreich, dem Bundesministerium für Inneres, dem Europäischen Integrationsfonds, der Niederösterreichischen Dorf- und Stadterneuerung sowie den teilnehmenden Gemeinden gefördert.
Alle weiteren Termine der Amstettner Integrationsgespräche finden Sie unter: www.zusammenreden.net/amstetten.