ZusammenReden Perchtoldsdorf

„Wenn wir uns um Integration bemühen wollen, geht es um alle unsere Kinder!“

Andreas Hubmaier, Sr. Beatrix Mayrhofer, Nadja Lehner, Nizar Romdhane, Viola Raheb, Karima Aziz, GfGRin Andrea Kö, Pfarrer Josef Grünwidl (v.li.n.re.)

Was es braucht, um in der Schule anzukommen

Wo liegen die Schwächen des österreichischen Schulsystems und wie können die Talente und Potenziale aller Kinder – ob neu zugewandert oder nicht – gefördert werden? Integration durch Bildung wurde beim 80ten Integrationsgespräch vom Projekt ZusammenReden der Caritas Wien am 4. Oktober 2016 in der Marktgemeinde Perchtoldsdorf debattiert. Wie wir mit aktuellen Herausforderungen in unseren Schulen umgehen können, diskutierten Beatrix Mayrhofer, Nizar Romdhane, Viola Raheb und Andreas Hubmaier  mit den rund 50 Teilnehmenden unter der Moderation von Karima Aziz, Caritas Wien.

Hiesiges Schulsystem defizitär
Kinder in österreichischen Schulen werden nicht genug in ihren Talenten gefördert, ist Ordensschwester Beatrix Mayrhofer überzeugt. Die pensionierte Schuldirektorin plädiert dafür, die Frage „Mensch, was kannst du und wie kann man dich unterstützen?“ viel öfter an Schulen zu stellen. „Dort wo ich Stärken stütze, zieht alles andere nach.“ Dieser Forderung schloss sich die interkulturelle Beraterin und Pädagogin Viola Raheb an. Überdies „sind wir nicht auf Diversität vorbereitet.“ Die Flüchtlingskrise könne als Chance betrachtet werden, denn „wenn wir uns um Integration bemühen wollen, geht es um alle unsere Kinder!“ Das hiesige Schulsystem sei jedoch selektiv. Dies sei nicht eine Frage des Migrationshintergrundes, vielmehr erfolge eine sozioökonomische Selektion. Damit Kinder und Jugendliche unterschiedlicher sozialer, ethnischer oder religiöser Herkunft leichter miteinander in Kontakt kommen, seien laut SchülerInnenvertreter Andreas Hubmaier gemeinsame Hobbies, wie Mannschaftssport und Musik in einer guten Klassengemeinschaft zentral.

Fokus Flüchtlinge: Gut vorbereitete Schulen profitieren von Vielfalt und Integration
An Thementischen konnten die BesucherInnen im zweiten Teil des Abends selbst mit den ExpertInnen diskutieren. Von den anwesenden SchülerInnen wurden die Erfahrungen mit geflüchteten Jugendlichen in der Klasse als durchwegs positiv beschrieben: „Da war dann halt wer und es war für uns ganz normal.“ An den drei anderen Diskussionstischen wurden aber auch Herausforderungen identifiziert. So sei es unabdingbar, dass Kinder mit Fluchterfahrung durch eine psychosoziale Betreuung unterstützt werden, erklärte Viola Raheb. Doch auch das Lehrpersonal müsse zum Umgang mit traumatisierten Kindern geschult werden, damit es nicht überfordert sei und angemessen auf die Bedürfnisse der Kinder reagieren könne. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei darüber hinaus wichtig, den Eltern das österreichische Schulsystem zu erklären und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, waren sich Raheb und der Islamwissenschafter Nizar Romdhane einig. Denn in den arabischen Herkunftsländern sind die Schulsysteme generell anders aufgebaut. Sie sind traditionell streng hierarchisch, LehrerInnen haben einen höheren Stellenwert und die Familien werden zumeist nicht sehr in Schulfragen miteinbezogen. Ebenso bedeutend sei laut Romdhane, bei religiösen Konflikten die SchülerInnen selbst ins Boot zu holen und offen das Gespräch mit ihnen zu führen. „Es ist wichtig, dass sie lernen, über ihre eigene Religion zu reflektieren“. Aus Sicht der SchülerInnen stehen ein stabiles soziales Umfeld und eine gute Klassengemeinschaft an erster Stelle. Dann sei Erfolg in der Bildung erst möglich.

Die nächste Veranstaltung zum „Thema Muslime im Dialog – Was Sie schon immer über den Islam wissen wollten…“ findet am Mittwoch, den 19. Oktober 2016 in Neunkirchen statt. Nähre Informationen dazu finden Sie unter: www.zusammenreden.net

„ZusammenReden“ ist ein Projekt der Caritas Wien (Missing Link); es wird vom Land Niederösterreich gefördert, und von den teilnehmenden Gemeinden Korneuburg, St. Andrä-Wördern, Neunkirchen, Ebreichsdorf und Perchtoldsdorf unterstützt.