Caritas: „Bundesregierung bei Menschenrecht auf Arbeit gefordert!“

AMS-Vorstand Johannes Kopf: „Trotz Trendwende gibt es strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt“. Petra Draxl (AMS Wien) kündigt Pilotprojekt im Rahmen der Aktion 20.000 an. Michael Landau (Caritas) fordert „Senkung der Lohnnebenkosten für Geringverdiener“ und dauerhaft erweiterten Arbeitsmarkt.

 

Nach mehr als fünf Jahren steigender Arbeitslosigkeit verzeichnete das Arbeitsmarktservice (AMS) Ende März erstmals einen deutlichen Rückgang der Zahl der Jobsuchenden auf 430.758 Personen (minus 7.896 bzw. 1,8 %). „Der starke Konjunkturmotor hat Ende März die Trendwende am Arbeitsmarkt bewirkt und wird heuer zu sinkenden Arbeitslosenzahlen führen. Für 2018 rechnen die Wirtschaftsforscher derzeit wieder mit einem leicht schwächeren Wachstum. Trotz der erfreulichen Trendwende haben wir derzeit nach wie vor eine hohe Arbeitslosigkeit und große strukturelle Probleme, insbesondere bei der Langzeitarbeitslosigkeit. Hier gibt es Menschen, die auch bei einer anziehenden Konjunktur nur sehr schwer wieder in Beschäftigung kommen“, erklärte Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Caritas Präsident Michael Landau und AMS-Wien-Landesgeschäftsführerin Petra Draxl anlässlich der neunten „Jobmeile“ der Caritas in Wien. Landau betonte: „Die Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit muss das erste und oberste Ziel sein, dem sich unsere Bundesregierung verschreibt! Dieses Ziel lautet: Möglichst allen Menschen zu ihrem Menschenrecht auf Arbeit zu verhelfen! Und zwar Arbeit, von der man leben kann! Das ist und bleibt die zentrale Herausforderung für die nächsten Jahre“, betonte Landau, der einmal mehr eine bundesweit einheitliche Regelung der Mindestsicherung einforderte. „Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung schützt nicht nur vor einem Abrutschen in absolute Armut, sie ist auch ein Sprungbrett zurück auf den Arbeitsmarkt. Wir benötigen hier wieder eine bundesweit einheitliche Lösung! 9 Länder, 9 Strategien: Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.“ 

 

Caritas: Senkung der Lohnnebenkosten und erweiterter Arbeitsmarkt

Landau stellte bei dem gemeinsamen Pressetermin auch zwei zentrale Forderungen der Caritas in den Raum: „In Österreich leben derzeit 226.000 ganzjährig erwerbstätige Personen in einem Haushalt, der von Einkommensarmut betroffen ist. Aus Sicht der Caritas ist klar: Die Abgaben, die Menschen mit niedrigem Einkommen zahlen müssen, sind zu hoch. Wir brauchen eine systematische Senkung der Lohnnebenkosten für Geringverdiener und wir brauchen diese Senkung rasch! Das Ziel muss sein, dass Menschen wieder von ihrer Arbeit leben können!“ Darüber hinaus fordert die Caritas einen dauerhaft erweiterten Arbeitsmarkt. Landau: „Für Personen, für die eine Reintegration in den regulären Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit keine realistische Option ist, brauchen wir so etwas wie einen erweiterten Arbeitsmarkt – ein dauerhaftes, existenzsicherndes Angebot mit hoher Durchlässigkeit zu regulären Jobs. Hier ist die Aktion 20.000 ein erster, sinnvoller Schritt, der nicht scheitern darf. Aber es werden darüber hinaus weitere Schritte folgen müssen. Das Ziel muss lauten: Auch jenen Menschen, bei denen das Wieder-Fuß-Fassen am regulären Arbeitsmarkt wenig chancenreich erscheint, sinnvolle Beschäftigung bei angemessener Entlohnung anbieten zu können.“  

 

Aktion 20.000: AMS-Wien kündigt Pilotprojekt mit 200 Stellen ab Juli an

Im Zusammenhang mit Arbeitsmarktinitiativen für Ältere und gering Qualifizierte verweist die Wiener AMS-Landesgeschäftsführerin Petra Draxl auf die "Aktion 20.000", mit der die Bundesregierung in den kommenden Monaten rasch zusätzliche Arbeitsplätze für Über-50-Jährige schaffen will. „Gemeinsam mit der Stadt Wien sind wir bereits in Vorbereitung für die Modellregion Wien“, sagt Draxl. Das Pilotprojekt wird in Wien mit zirka 200 Stellen starten. Über den gesamten Aktionszeitraum sollen es mehrere tausend zusätzliche Jobs werden. „Die Aktion 20.000 wird eine großartige Ergänzung zu den bestehenden gemeinnützigen Einrichtungen sein“, ist die Wiener AMS-Chefin überzeugt. Die ersten Jobeinstiege sollen bereits ab Juli 2017 möglich sein. Ziel ist ein nachhaltiger Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.

 

Caritas im Einsatz für arbeitslose Menschen

Allein im Jahr 2016 konnte die Caritas 1.167 Arbeitsplätze für langzeitarbeitslose Menschen in 100 Projekten in ganz Österreich anbieten. In Wien ist die Caritas gemeinsam mit dem AMS seit 27 Jahren mit Angeboten am erweiterten Arbeitsmarkt aktiv. Mit Projekten wie dem Restaurant „Inigo“ oder „ArbeitsRaum“ sollen Menschen schrittweise an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden. Die Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt lag bei bis zu 40 Prozent.