Ausgezeichnet: Caritas und Raiffeisen vergeben Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreis 2019

Laura Fischer (DATUM), Sonja Hochecker (ORF), Andrea Poschmaier (ORF), Gerlinde Petrić-Wallner (radio klassik Stephansdom) und Olivera Stajić (derstandard.at) wurden 2019 mit den Hauptpreisen ausgezeichnet.

 

Mittwochabend wurden in der Brunnenpassage in Wien zum 16. Mal JournalistInnen mit dem Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreis ausgezeichnet. Der Preis, der im Sinne des Lebenswerkes von Prälat Leopold Ungar von der Caritas der Erzdiözese Wien und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien vergeben wird, ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte JournalistInnenpreis Österreichs. In der Kategorie Print wurde dieses Jahr Laura Fischer für den DATUM-Beitrag „Alinas Verwandlung“ ausgezeichnet. Preisträgerinnen in der Kategorie TV sind Sonja Hochecker und Andrea Poschmaier für „Odyssee durch Europa – Afghanen zwischen Asyl und Abschiebung“ (ORF Thema). In der Kategorie Hörfunk überzeugte Gerlinde Petrić-Wallner von radio klassik Stephansdom mit „Ich kann Ungerechtigkeiten nicht leiden“. In der Kategorie Online ging der Hauptpreis heuer an Olivera Stajić für den Blog „Gemišt“. Der Preis wird jährlich vergeben. Die Auswahl der prämierten Arbeiten obliegt einer unabhängigen Jury (Roland Machatschke, Susanne Scholl, Andrea Puschl, Cornelia Krebs, Ingrid Brodnig, Florian Klenk, Irene Brickner).

 

In seinen Eröffnungsworten ging Caritas Präsident Michael Landau auf die aktuellen Herausforderungen für den Journalismus ein – in wirtschaftlicher, aber auch in politischer Hinsicht. „Auch in vielen Ländern Europas werden freie Medien heute wieder zu Feinden des Volkes erklärt. Die Rede von Fake News ist längst kein Thema mehr, das nur an den Rändern des Meinungsspektrums zu finden ist. Dieses Vorurteil wurde weitergereicht: Von den Rändern bis tief in die Mitte der Gesellschaft hinein.“ Landau appellierte an die anwesenden VertreterInnen der Medien, deshalb aufklärerisch im besten Sinn zu wirken: „Es geht um Journalismus, der schonungslos und gleichzeitig rücksichtsvoll ist. Um Journalismus, der aufdeckt ohne bloßzustellen. Ihre journalistische Aufgabe ist es, den gesellschaftlichen Horizont und den Diskurs zu weiten. Und vermutlich wird Sie künftig vor allem die Frage beschäftigen, wie diese Aufklärung auch jene Menschen erreicht, die sich längst vom bürgerlichen Diskurs verabschiedet und sich in ihren Echokammern gemütlich eingerichtet haben. Ich glaube: Das wird die zentrale Herausforderung für Sie bleiben.“

 

Michael Rab, Vorstandsdirektor der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, betonte: „Die Preisträgerinnen und Preisträger haben mit ihren journalistischen Arbeiten eindrucksvoll aufgezeigt, dass auch in Zeiten von Google, Wikipedia und Fake News ein qualitativ hochwertiger Journalismus noch möglich ist. Österreich braucht verantwortungsvollen Journalismus als reflektierendes Korrektiv und letztlich als zentralen gesellschaftlichen und demokratischen Beitrag.“ 

 

Die PreisträgerInnen und die Jury-Begründungen im Überblick

Kategorie Print

Laura Fischer: „Alinas Verwandlung“ (DATUM)

Wie funktioniert islamistische Radikalisierung? Was bringt einen jungen Menschen dazu, sich einer solchen strikten Religiosität zu unterwerfen, die seine Lebensführung total dominiert? Wie kann diese Weltsicht für eine 16-jährige, liberal aufgewachsene Österreicherin attraktiv sein? Das sind die in einer Einwanderungsgesellschaft wie Österreich höchst relevanten Fragen, denen Laura Fischer in ihrer im Magazin Datum erschienen Reportage „Alinas Verwandlung“ nachgeht. Mit einer klaren, schnörkellosen Sprache zeichnet sie die Entwicklung ihrer Freundin Alina nach, die auf der Suche nach einem Lebensinhalt zur fundamentalistischen Muslima wird, sich davon aber wieder löst – und die sich danach Laura Fischer anvertraut hat. Für ihre spannend geschriebene und detailreiche Spurensuche erhält Laura Fischer den Prälat-Leopold-Ungar-Hauptpreis in der Kategorie Print. 

Kategorie  TV

Sonja Hochecker und Andrea Poschmaier: „Odyssee durch Europa – Afghanen zwischen Asyl und Abschiebung“ (ORF Thema)

Der junge Afghane Agiel hat in Österreich kein Asyl bekommen und ist untergetaucht. Er ist einer von vielen. Knapp eine Million der in den letzten Jahren in der EU abgelehnten Asylwerber entziehen sich der Abschiebung und versuchen ihr Glück in einem anderen EU-Land. Wie es den Menschen dann geht, wird selten gezeigt. Andrea Poschmaier und Sonja Hochecker haben hartnäckig recherchiert und untergetauchte Asylwerber gefunden, die sich vor die Kamera trauen. Gemeinsam mit der steirischen Patin von Agiel sind sie nach Paris geflogen. Dort hat der junge Mann sich monatelang im berüchtigten Zeltlager La Chapelle durchgeschlagen - inzwischen hat er in Frankreich Asyl bekommen. Der Bericht führt eindrucksvoll die unterschiedliche Asylpolitik in der EU und auch die Abschottung Österreichs vor Augen und überzeugt mit dem sehr persönlichen Zugang zu den Protagonisten. Sonja Hochecker und Andrea Poschmaier zeichnen sich seit Jahren durch besonders engagierten Sozialjournalismus aus!

Kategorie Radio

Gerlinde Petrić-Wallner: „Ich kann Ungerechtigkeiten nicht leiden“ (radio klassik Stephansdom)

Mit dem Beitrag „Ich kann Ungerechtigkeiten nicht leiden“ aus der Reihe „Passionswege“ von radio klassik Stephansdom ist Gerlinde Petrić-Wallner eine ungemein spannende Erzählung über den umstrittenen Maßnahmenvollzug in Österreich gelungen. Die Zutaten sind schlicht und umso ergreifender: Die fesselnde Geschichte eines einzelnen Protagonisten, eine ruhige, zurückhaltende Moderatorin, eine äußerst passende Musikauswahl. Es ist die Geschichte des Markus Drechsler, der über fünf Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht hat, den Großteil davon in der sogenannten "Sonderanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher". Wer hier hineinkommt, kommt nur schwer wieder heraus, denn wer als geistig abnormer Rechtsbrecher gilt, kann auf unbestimmte Zeit „verwahrt“ werden – und das in einer Umgebung, die eher ungeeignet dafür scheint, Menschen wieder auf den rechten Weg zu bringen. Markus Drechsler dürfte diesen Höllentrip zudem völlig unverschuldet durchgemacht haben und kämpft heute noch um seine Rehabilitation. Petrić-Wallners Bericht ist ein Stück, das zum Nachdenken anregt – über ein System, das Resozialisierung fördern sollte, im Fall des Hauptdarstellers - und wohl nicht nur in seinem - aber versagt und höchst reformbedürftig erscheint. Und eine Geschichte, die zeigt, wie absurd übel einem das Leben mitspielen kann.   

Kategorie Online

Olivera Stajić: Blog „Gemišt“ (derstandard.at)

Olivera Stajić erhält den Prälat-Leopold-Ungar-Preis in der Kategorie „Online“, weil sie mit ihrem Blog „Gemišt“ die Debatte zu Österreich als Einwanderungsland Österreich bereichert. Gerade die Blogform stellt hier einen interessanten Zugang dar, weil diese es ermöglicht, permanent aufs Neue unterschiedliche Aspekte aus der Migrationsdebatte, Rassismus, Sprachpolitik aufzugreifen und somit beharrlich und konstant über diese Themen zu sprechen. Stajić bringt dabei die Perspektive von Einwandererinnen und Einwanderern ein, erzählt auch über ihre eigenen Erfahrungen. In einem der von der Jury ausgezeichneten Texte geht sie beispielsweise auf den Fall einer 82-jährigen ehemaligen Gastarbeiterin ein, die – wie der „Falter“ aufdeckte – 24 Jahre in Österreich als Putzfrau gearbeitet hat und der heute, nach einer Änderung der Auflagen, die Wohnbeihilfe entzogen wurde. Stajić schreibt, die 82-jährige bekommt nun dank der Berichterstattung über ihren Fall eine Stimme. Jedoch: „Viele andere Betroffene bleiben stumm. So stumm, wie sie jahrzehntelang die Böden und Klos geputzt oder Ziegel an Ziegel gereiht haben.“ In ihrem Blog „Gemišt“ zeigt sie immer wieder auf, dass es gerade die Stimme der EinwandererInnen ist, die in der Debatte über Einwanderung wenig Gehör bekommt. Für diese fortlaufende Auseinandersetzung mit einem der zentralen Themen unserer Gesellschaft, dem Anstoßen einer permanenten Debatte im Rahmen ihres Blogs „Gemišt“ hat sich Olivera Stajić des Prälat-Leopold-Ungar-Preis verdient gemacht.

 

Anerkennungspreise

 

Anerkennungspreise wurden heuer in der Kategorie Print an Barbara Bachmann (Der Falter), Franziska Tschinderle (DATUM), Kim Son Hoang (Der Standard) und Bianca Blei (Der Standard) vergeben. In der Kategorie TV wurden Bettina Braun (3Sat), Iris Haschek (ORFIII) und Ines Pedoth (ORF) ausgezeichnet. Die Anerkennungen im Bereich Hörfunk gingen an Lukas Tremetsberger (Ö1), Kathrin Wimmer (Ö1) und Christine Pramhas (Ö1). Barbara Wimmer (futurezone.at) erhielt einen Anerkennungspreis in der Kategorie Online.