Die Caritas lädt zum 2. Demenz Meet in Wien: Leichte Stunden zu einem schweren Thema – für Betroffene, Angehörige, Interessierte und Fachleute 

Rund 150.000 Menschen in Österreich sind aktuell von Demenz betroffen. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen und wird weiter steigen. Denn mit zunehmendem Alter steigt auch das Risiko, an Demenz zu erkranken. Einfluss hat die Erkrankung sowohl auf die Lebensqualität der Erkrankten und als auch der Angehörigen. „Die hohen Zahlen bedeuten eine enorme Herausforderung und Verantwortung – nicht nur für den Gesundheits- und Pflegebereich, sondern für Politik und Gesellschaft insgesamt“, betont Klaus Schwertner, gf. Caritasdirektor der Erzdiözese Wien. Bereits zum zweiten Mal veranstaltet die Caritas deshalb ein Demenz Meet nach Schweizer Vorbild – eine Veranstaltung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörige. Unter dem Motto „Leichte Stunden zu einem schweren Thema“ bietet die Veranstaltung Raum für Begegnung, Expertise, Austausch und Vernetzung. „Im Fokus stehen die Meinungen, Bedürfnisse und Erlebnisse der Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen“, betont Schwertner. „Wir sind zutiefst überzeugt, dass ein gesellschaftliches Umdenken in Bezug auf Demenz dringend nötig ist – weg von Verdrängung und Tabuisierung, hin zu einer Haltung des Begleitens und der Solidarität. Es geht darum, dass auch Demenzerkrankte einen Platz in der Mitte der Gesellschaft erhalten.“ 
Johanna Constantini, klinische Psychologin und Autorin, hat ein Buch über ihren Vater, Didi Constantini, den ehemaligen Fußballnationaltrainer, geschrieben („Abseits – aus der Sicht einer Tochter“, Seifert Verlag 2020), der selbst an Demenz erkrankt ist. Sie wird am Samstag beim Demenz Meet Teil einer Gesprächsrunde sein und sie ist überzeugt: „Wir müssen den kollektiven Effizienzgedanken immer wieder hinterfragen, um einander nicht aus den Augen und damit auch den Blick auf Betroffene einer Demenz zu verlieren.“ 

„Politik bleibt Maßnahmen schuldig“

Schwertner: „Demenz ist eine WIR-Erkrankung. Direkt oder indirekt sind wir alle betroffen. Und Solidarität mit Menschen mit Vergesslichkeit bedeutet auch, dass wir ihnen politisch genügend Aufmerksamkeit schenken. Das betrifft etwa auch die Zuteilung von Finanzmitteln und das Bereitstellen flächendeckender Unterstützungsangebote.“ Zwar fände das Thema Berücksichtigung in der von der Bundesregierung verabschiedeten Pflegereform, doch: „Im Dezember 2015 wurde von der Politik die Demenzstrategie `Gut leben mit Demenz´ vorgestellt. Sieben Wirkungsziele und 21 Handlungsempfehlungen wurden formuliert. Die Caritas hat die Strategie sehr begrüßt. Die schlechte Nachricht lautet, dass es um diese Strategie seither sehr ruhig geworden ist.“ Positive Beispiele gäbe es hingegen in den Nachbarländern: In der Schweiz etwa ist es in der mobilen Pflege selbstverständlich, dass bei Demenz mehr Zeit für die Unterstützung der Körperpflege aufgewendet werden kann; in Deutschland wird Tagesbetreuung wiederum in kleinen Gruppen viel breiter angeboten. Und auch die Caritas hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Initiativen gesetzt. Angefangen von psychosozialer Unterstützung und Beratungen über Entlastungsangebote wie das Cafe Zeitreise oder die Freizeitbuddys sowie die Aktionstage „Gute Leben mit Demenz in Klosterneuburg“ etc. „Selbsthilfegruppen zum Beispiel zeigen, dass ein gutes Leben mit Demenz mit der richtigen Unterstützung möglich ist. Klar ist aber: Es gibt noch viel zu tun. Handeln wir jetzt – Gesellschaft und Politik sind gefordert, die Weichen so zu stellen, dass die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen zur Selbstverständlichkeit wird“, appelliert Schwertner. 

Vielfältiges Programm 

Beim Demenz Meet machen Menschen mit Demenz den Auftakt. Zu Wort kommen auch Angehörige und Fachleute. Podiumsgespräche und Interviews wechseln einander ab unterbrochen von gemeinsamer Bewegung und Ausflügen in den weitläufigen Park des Kardinal-König-Hauses, wo die Veranstaltung stattfindet. Eine Piazza stellt gelungene Angebote rund um das Thema vor. Im Kern geht es darum, dass sich Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen mit Expert*innen und Interessierten austauschen und aufzeigen, wie ein gutes Leben gelingen kann, wie Beziehungen – auch unter veränderten Bedingungen – gelingen können. Der Freitag beginnt mit einer Podiumsdiskussion, bei der aufgezeigt werden soll, was auf dem Weg zu einem Leben in der Mitte der Gesellschaft bereits gelungen ist und wo es noch Handlungsbedarf gibt. Ob technische Hilfsmittel und technischer Fortschritt ein eigenständiges Leben von Menschen mit Demenz unterstützen können, diskutiert eine zweite Runde bestehend aus Expert*innen, Betroffenen und Angehörigen. Am Samstag gehen Betroffene und Angehörige der Frage nach, wie unterschiedliche Lebenssituation Chancen für ein gutes Leben mit Demenz eröffnen können. Zwei Gesprächsrunden laden jeweils zu einem anschließenden Austausch im kleinen Kreis ein. 

Mit dabei sind Sabine Hofer-Gruber, Seniorenbeauftragte der Stadt Wien, Angela Pototschnigg, Mitglied der Europäischen Arbeitsgruppe von Menschen mit Demenz bei Alzheimer Europe, Peer-Beraterin bei Alzheimer Austria, Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der IG Angehörige, Klaus Schwertner, gf. Direktor Caritas der Erzdiözese Wien, Johanna Constantini, Angehörige und Buchautorin, Raphael Schönborn, Geschäftsführer Promenz, Elisabeth Reitinger, Institut für Pflegewissenschaften, Norbert Partl, Demenzexperte Caritas der Erzdiözese Wien, Petra Hausteiner, Leiterin Tageszentrum Caritas Socialis, Petra Rösler, Kardinal König Haus, Albert Gaubitzer, Gut leben mit Demenz in Klosterneuburg und viele andere.