150 Pflegekräfte aus der Langzeitpflege folgten der Einladung der Caritas, um in Wien gemeinsam mit Expert*innen ein Forderungspapier an die Politik zu erarbeiten. Das Motto: „Mit uns und nicht ohne uns!“. Eine Sora-Studie zeigt: Das Pflegethema ist für viele Menschen in Österreich maßgeblich für ihre Wahlentscheidung.
Wien – Die Pflegelandschaft in Österreich steht vor massiven Herausforderungen. Zwar sind heute so viele Menschen wie noch nie in Österreich in der Pflege beschäftigt, doch bis zum Jahr 2030 werden schätzungsweise zwischen 75.000 und 100.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt, um die Zukunft der Pflege in Österreich sicherzustellen. Die Caritas lud vor diesem Hintergrund zum Perspektivensymposium „Pflegeleicht!“ ins Kardinal König Haus in Wien, um gemeinsam mit Mitarbeiter*innen aus der stationären und mobilen Langzeitpflege ein Manifest für die Zukunft der Langzeitpflege zu erarbeiten. „Oberste Priorität für Bund und Länder muss die langfristige Finanzierung der Pflege bleiben. Hier geht es um insgesamt 450.000 betroffene Menschen, ihre Familien und Angehörigen als auch um die Pflegerinnen und Pfleger, die ein Altern in Würde und Lebensqualität bis zuletzt für unsere Eltern und Großeltern ermöglichen. Außerdem geht es um die Sicherstellung bestmöglicher Arbeits- und Rahmenbedingungen für Pflegekräfte in Österreich. Die politisch Verantwortlichen müssen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Langzeitpflege endlich den Rücken freihalten und stärken“, so Caritasdirektor Klaus Schwertner. „Kurzum: Es geht um verdammt viel und die Frage, wie ein menschenwürdige Pflege auch in Zukunft sichergestellt werden kann. Wie kann es gelingen, dass Pflegekräfte diesen Beruf gesund, langfristig und professionell leisten können? Wahr ist, dass die aktuelle Bundesregierung deutlich mehr für die Pflege unternommen hat als viele Regierungen vor ihr. Dennoch wird es weitere Reformen brauchen. Und genau deshalb sind wir heute hier. Wer einen Pflegenotstand verhindern will, muss die Mitarbeiter*innen in der Langzeitpflege stärken. Denn die Langzeitpflege ist die Königsdisziplin im Pflegebereich.“
SORA-Studie: Starker Rückenwind aus der Bevölkerung
Schwertner verwies in dem Zusammenhang auch auf die ersten Ergebnisse einer von der Caritas der Erzdiözese Wien in Auftrag gegebenen SORA-Studie. Dabei wurden 1.000 Menschen in ganz Österreich zum Pflegethema befragt. Schwertner: „Diese Ergebnisse machen eines deutlich: Die Menschen in Österreich sehen und schätzen die Arbeit, die in der Pflege geleistet wird. Sie wollen, dass die Pflege gestärkt und nicht geschwächt wird. Knapp 70 Prozent der Befragten geben an, dass es wenige andere Berufe in unserem Land gibt, die so wichtig und sinnstiftend sind, wie der Pflegeberuf. Jeweils eine deutliche Mehrheit der Österreicher*innen sieht Pflegekräfte als Expert*innen für Lebensqualität und Wohlbefinden und stuft den Beruf als langfristig krisensicherer und gefragter als andere Berufe ein. Und fast jede*r zweite Befragte sagt ganz klar: Das Thema ist für mich ein wahlentscheidendes Thema. Welcher Partei ich bei der nächsten Wahl meine Stimme gebe, hängt also auch davon ab, ob sich diese Partei für eine Stärkung der Pflege starkmacht. Die Politik ist also gut beraten, das Manifest, das heute erarbeitet wird, genau zu lesen.“
Expert*innen und Ergebnisse
Die Keynote zu Beginn bestritt Österreichs ehemaliger Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober: „Es gibt wenige andere Themen, die so viele Menschen in unserem Land beschäftigen.“ Anschober appellierte zu Beginn an die Pflegekräfte vor Ort, nicht pflegeleicht und stattdessen laut zu sein und einen Beitrag zu leisten für das weitere Gelingen von anstehenden Pflegereformen. Unter den Expert*innen vor Ort war auch Komplexitätsforscher Peter Klimek, die Leiterin der Sektion Öffentliche Gesundheit und Gesundheitssystem im Österreichischen Sozialministerium, Katharina Reich, oder AK-Experte Kurt Schalek und der Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft an der Tiroler Privatuniversität UMIT TIROL, Gerhard Müller.
In Kleingruppen erarbeitete Forderungen werden in einem Manifest zur Zukunft der Langzeitpflege zusammengefasst und 2024 an die Politik übergeben. Erste Ergebnisse, die sich aus Diskussionsrunden mithilfe der Barcamp Methode ergaben und in Form von Forderungen in das Manifest einfließen werden, lassen sich hier beispielhaft zusammenfassen: Gefordert wird etwa der Abbau von Bürokratie, wenn es zum Beispiel um Rezepte von Dauermedikation geht. Um das Image der Pflege zu stärken, muss ein realistisches Bild von Pflege durch Pflegepersonen transportiert werden, um auch junge Menschen für den Beruf zu begeistern. Es ist daher auch eine Überlegung wert, eine*n Staatssekretär*in für Pflege einzusetzen, um den Ansprüchen der Pflege gerecht zu werden. Betreffend Fort-, Weiter- und Ausbildungen braucht es außerdem weitere Finanzierung und vermehrt Praxisanleitung in Pflegeausbildungen.
Eindrücke vom Symposium finden Sie hier